Ein Besuch in Khayelitsha

Khayelitsha, Panoramaübersicht
Khayelitsha („Unser neues Zuhause”) ist nach Soweto Südafrikas größtes Township. Als die Rassentrennung noch Staatsziel war, wurden hier die Schwarzen „weggepackt”. Das war in den 80er Jahren. 35 km von Kapstadt entfernt leben hier heute zwischen 600.000 und 1,5 Mio Menschen - ausschließlich Schwarze.
 
Khayelitsha Wellblechhütten
Straßennamen gibt es nicht in Khayelitsha. Das riesige Gelände ist in 26 Bezirke eingeteilt, die einfach mit einem Buchstaben bezeichnet werden. Wir waren in „Site B”. Dann hat jede Hütte wohl noch eine Nummer, aber die steht nirgends. Ob die Post trotzdem ankommt? Wer es wissen will, kann ja mal eine Karte an unsere Freunde in Khayelitsha schreiben: Thembeka Gecelo und David Mxolisi Sofute, S 541, Site B, Khayelitsha 7784, South Africa.
 
Khayelitsha - Wellblechhütten (Shacks)
Jeder Zweite ist arbeitslos. Entsprechend ärmlich sind die Hütten („Shacks”). Meist sind sie aus Holz oder Wellblech. Manche Teile von Khayelitsha haben weder Strom noch fließendes Wasser. Die schwarze Mehrheitsregierung versucht nun, eine Grundversorgung herzustellen. Wer Strom und Wasser hat, bekommt beides umsonst.
 
Khayelitsha - Bewohner vor ihren Hütten
„Take the picture, show it in Germany, tell them that we are poor!”
 
Khayelitsha - Zu Besuch bei Thembeka und David
Zu Besuch bei Thembeka und David. Sie haben Strom und immerhin ein Klohäuschen vor der Hütte. Trotz öffentlicher Aufrufe zum Wassersparen: Die Klospülung ist undicht, ständig läuft frisches Wasser ungenutzt in die Kanalisation. Ein kleiner Dichtungsring würde Abhilfe schaffen. Doch zur Reparatur fehlt das Geld, das Wissen und die Motivation - schließlich kostet das Wasser nichts.
 
Khayelitsha - Bau eines Steinhauses
Nächstes Jahr wollen Thembeka und David auch ein Steinhaus bauen. Die Steine werden von der Regierung kostenlos zur Verfügung gestellt. Installationen, Putz oder gar Wärmedämmung sind nicht vorgesehen. Fenster und Türen müssen sich die Menschen irgendwie selbst beschaffen. Für die meisten ist selbst das eine große Hürde. David ist arbeitslos und Thembeka verdient ca. 100 € im Monat bei einem Stundenlohn von 1,50 €. Mindestlöhne gibt es nicht. Gäbe es sie, so würden viele Jobs wegfallen. Zum Beispiel die Arbeit derjenigen, die in den Supermärkten der Gutverdiener (also überwiegend der Weißen) Obst und Gemüse abwiegen und den Barcodeaufkleber auf die Tüte kleben. Oder die an der Tankstelle tanken oder den Autostaubsauger bedienen. Die Arbeit also, die hierzulande längst jeder selbst machen muß.
 
Khayelitsha - Community Hall
Obwohl es nicht ihre ursprüngliche Religion ist, haben viele Schwarze den christlichen Glauben angenommen. Sie verbinden damit auch die Hoffnung auf mehr Wohlstand, wie in den christlich dominierten Industrieländern. David ist Leiter eines Kirchenchores. Thembeka und er gehen jeden Tag zum Gottesdienst. Sonntags sogar drei Mal. Trotz des für Außenstehende ärmlich anmutenden Lebens in den Townships ist vieles schon besser geworden als noch vor 10 oder 20 Jahren. Dieser Gottesdienst z. B. findet nicht wie sonst in einer Wellblech-Hütte, sondern in der neuen Mehrzweckhalle („Community Hall”) statt.
 
Khayelitsha - Frau mit kleinem Kind auf dem Arm
Kinder gibt es viele in Khayelitsha, trotz kostenloser Verhütungsmittel. Ohne Abbildung: Jeder fünfte Südafrikaner ist HIV positiv. David und Thembeka machen alle drei Monate einen AIDS-Test.
 
Kinder in Khayelitsha
Lego kennen diese Kinder nicht, sie spielen mit Dingen, die andere nicht mehr brauchen. Z. B. mit meinen leeren Filmdöschen, die ich sonst weggeworfen hätte. Hier dient ein Autowrack als Spielplatz.
 
Khayelitsha - Frau und Kind vor ihrer Hütte
Auf meine Frage, ob ich sie fotografieren dürfte, zogen sich diese beiden Frauen zunächst ablehnend in ihre Hütte zurück. Sie dachten, ich wollte dafür Geld haben. Nach meinem „No, it's free” kamen sie wieder hervor, wenn auch ein bißchen scheu.
 
Khayelitsha - Kinder mit Schulbüchern vor Wellblechhütte
Mittlerweile erhalten alle Kinder eine einfache Schulbildung. Eine Hochschulbildung jedoch ist sehr teuer - zu teuer für die Menschen hier. Mangelnde Qualifikation der schwarzen Bevölkerungsmehrheit gehört daher immer noch zu den Hauptproblemen der südafrikanischen Wirtschaft.
 
Khayelitsha - Fleischverkäuferin
Lebensmittel werden zwischen den Hütten verkauft. Ohne besondere Kühlung und ungeschützt vor den vielen Fliegen liegt hier das Fleisch auf dem rohen Tisch in der sengenden Sonne. Gegessen wird alles vom Tier: Magen, Darm, Innereien, Kopf.
 
 
ich bei einem Friseur in Khayelitsha

oben: Thembekas Frisörsalon: Ein alter Transport-Container.

links:
Auch ich habe mir mein Haupthaar hier zurechtstutzen lassen. Das war für beide Seiten ein Erlebnis! Das Erlebnis ist normalerweise für 1,50 € zu haben, bei mir kostete es doppelt so viel, weil eine Schere benutzt werden mußte. (Ist bei dem Herrn auf dem obigen Foto z. B. nicht nötig!)

 
Bewohner von Khayelitsha
Trotz hoher Arbeitslosigkeit, ärmlicher Lebensverhältnisse und hoher Bandenkriminalität, die Menschen von Khayelitsha strotzen vor Lebensfreude und Zuversicht. Streßgeplagte Arbeitstiere wie ich können hier einiges lernen!

 

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Zur Person: Thembeka Gecelo